Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Stadtverband Bielefeld e. V.

Eien Frau radelt auf einem geschützten Radfahrstreifen

Mit einem ergonomisch passend eingestelltem Fahrrad macht das Radfahren gleich mehr Spaß. © ADFC / Krone

Gut sitzen auf dem Rad

Fahrvergnügen durch ein passendes Fahrrad. Mit bebilderter Schritt-für-Schritt-Anleitung das eigene Fahrrad einstellen.

Von Claudia und Thorsten Böhm

Wenn Hintern, Rücken oder Arme schmerzen, stimmt was nicht! Manche stellen ihr neues Rad nach kurzer Zeit wieder in die Ecke, weil beim Radfahren Beschwerden auftreten. Verantwortlich dafür sind weder Trainingszustand noch Fahrtechnik. Entscheidend ist, das Fahrrad an seinen eigenen Körper ergonomisch richtig anzupassen. 

Hier finden Sie Tipps, wie man Beschwerden und gesundheitliche Schäden durch die Einstellung einer ergonomisch günstigen Sitzposition vermeidet. 

 

Schritt 1: So hoch soll der Sattel sein

Die Höhe des Sattels über dem Tretlager (nicht über dem Erdboden!) stellen Sie so ein:

  • Eine Tretkurbel so drehen, dass sie senkrecht nach unten zeigt. 
  • Sich in der für das Fahren vorgesehenen Sitzhaltung (und Vorneigung des Beckens!) auf den Sattel setzen. 
  • Den Vorderfuß (keinesfalls die Ferse!) in Höhe des Zehengrundgelenks waagerecht auf das zum Boden weisende Pedal stellen. 
  • Das Bein strecken, also das Knie durchdrücken. 
  • Jetzt sollte man so auf dem Sattel sitzen, dass man sich nicht mehr aus dem Sattel hochdrücken kann.

Wichtig: Die waagerechte Fußhaltung dient nur dem Einstellen des Sattels. 
Beim Fahren wird die Ferse automatisch angehoben und das Knie ist daher auch in der untersten Pedalstellung nie durchgestreckt, sondern immer noch leicht gebeugt.

Schritt 2: Sattel vor- oder zurückschieben?

Die richtige horizontale Stellung des Sattels wird sodann folgendermaßen gefunden:

  • Eine Tretkurbel waagerecht nach vorn drehen.
  • Den Fuß mit dem Ballen auf das nach vorn weisende Pedal stellen.
  • Den Sattel durch Vor- oder Zurückschieben so einstellen, dass eine (gedachte) Senkrechte von der Kniescheibe zum Boden durch die Pedalachse verläuft. Die Pedalachse ist der Teil der Pedale, um den sie sich selbst dreht. 
  • Eventuell muss jetzt noch einmal die Sattelhöhe etwas korrigiert werden. 

Schritt 3: Den richtigen Kniewinkel ermöglichen

Wird beim Radfahren das Knie zu stark angewinkelt, kann dies Schmerzen und Dauerschäden verursachen.

  • Eine Tretkurbel senkrecht nach oben drehen.
  • Den Fuß mit dem Ballen auf das nach oben weisende Pedal stellen.
  • Prüfen, ob der Kniewinkel in dieser Position etwa 90 Grad beträgt.
  • Sollte der Kniewinkel deutlich kleiner als 90 Grad sein: Den Sattel so hoch stellen, dass der Kniewinkel sich vergrößert. Eventuell muss der Sattel jetzt erneut horizontal etwas verschoben werden, damit das Lot von der Kniescheibe wieder durch die Pedalachse verläuft (siehe Schritt 2). 

Schritt 4: „Aktives Sitzen“ ermöglichen

  • Die Rückenmuskeln sollen den Oberkörper tragen können, die Arme und Hände sind hierfür nicht geeignet und sollen nur gering belastet werden.
  • Die Wirbelsäule muss ihre natürliche S-Form mit leichtem Hohlkreuz einnehmen, damit die Rückenmuskeln arbeiten können. Dann kann man auch bei (nicht extrem!) geneigter Sitzhaltung gut nach vorne schauen, ohne den Kopf in den Nacken legen zu müssen. 
  • Das Becken darf nicht nach hinten gekippt werden.
  • Die Arme können die verbleibende geringe Last am besten tragen, wenn sie - von der Seite betrachtet - im rechten Winkel (90 Grad) zum Oberkörper gehalten werden. Befindet sich der Lenker hierfür zu nah am Körper, darf nicht der Sattel wieder verschoben werden! Stattdessen muss die Griffposition weiter nach vorn verlegt werden: Durch Verstellen oder Wechseln der Lenkerkomponenten und/oder mit Hilfe eines längeren Fahrrad-Rahmens.

Die leicht geneigte Sitzhaltung mit leichtem Hohlkreuz sorgt auch dafür, dass Fahrbahnstöße nicht so stark auf die Wirbelsäule wirken. Außerdem können so die Stöße auch besser mit den Beinen abgefedert werden. Auch die Arme können Stöße ausgleichen. Daher sollen sie nicht durchgestreckt, sondern leicht gebeugt werden. 

Die Stützwirkung der Rückenmuskulatur kann man auch ohne Fahrrad gut ausprobieren, indem man sich einen kleinen Schritt entfernt hinter einen Stuhl stellt und sich mit den Händen auf der Rückenlehne abstützt. Wenn Sie jetzt das Becken nach hinten kippen und einen „Buckel“ machen, spüren Sie einen stärkeren Druck auf den Händen. Machen Sie nun ein leichtes Hohlkreuz, können die Rückenmuskeln den Oberkörper tragen und die Last auf den Armen und Händen nimmt ab. 

Hinweise

Die Bilder sollen beispielhaft ergonomisch günstige und ungünstige Körperhaltungen illustrieren, die wir im Stand nachzustellen versucht haben. Unsere Empfehlungen beziehen sich auf eine leicht geneigte Sitzhaltung, die es der Rückenmuskulatur  erlaubt, den Oberkörper zu tragen, und die auch das Fahren längerer Strecken ermöglicht. Bitte beachten Sie, dass eine untrainierte Rückenmuskulatur zunächst der Übung bedarf. 

Die weit verbreitete aufrechte Sitzhaltung mit hoher Lenkergriffposition fixiert den Rücken und verhindert, dass die Rückenmuskulatur mitarbeiten kann. Die einzige ergonomisch günstig aufrechte Sitzhaltung ist die klassische Hollandrad-Haltung, bei der die Lenkergriffe tief liegen (höchstens ca. 10 cm über Sattelniveau) und sich nah am Körper befinden. Empfehlenswert ist bei dieser aufrechten Sitzhaltung eine wirksame gefederte Sattelstütze, weil die Wirbelsäule bei einer aufrechten Sitzhaltung in stärkerem Maße Stößen von der Fahrbahn her ausgesetzt ist als bei einer geneigten Sitzhaltung. 

Weiterführende Informationen 

„Fahrrad-Ergonomie“ auf der Website junik-hpv/Juliane Neuß 

Juliane Neuß: „Richtig sitzen - locker Radfahren - Ergonomie am Fahrrad“
136 Seiten, 3. Auflage 2017, Delius Klasing Verlag,
ISBN 978-3-667-11107-4

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